Donnerstag, 12. Juli 2007

Crime should not pay

Q: und die sich ans gesetz gehalten haben sind die blöden?

Wenn nicht ALLE überprüft werden, dann sind jene die sich ans Gesetz gehalten haben, möglicherweise die Dummen.

Noch dümmer müssen sich all jene vorkommen, die sich an das Gesetz halten wollten, aber nicht konnten, weil sie die Denksportaufgabe falsch gelöst haben.

Und die wahren Helden würden die sein, die wissentlich trotz Einkommen von mehreren tausend Euro Kindergeld bezogen hätten, etwa weil "vergessen" wurde, den Vollzeiteinstieg wieder nachzumelden.

Wahre Helden wären auch diejenigen, die sich ihre Überstunden als Prämie und Kilometergeld auszahlen hätten lassen, um einen entsprechenden "maßgebenden Gesamtbetrag der Einkünfte" zu erzielen.

Genau dort liegt das Problem mit der stichprobenartigen Überprüfung.

Gleichheitsgrundsatz und Schneeballeffekt

Q: sag mal da gibts ja das gleichheitsgesetz oder wie immer das heisst?.....kann man das da nicht anwenden?

"Vor dem Gesetz sind alle Staatsbürger gleich" - und das theoretisch schon seit dem Inkrafttreten des "Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger" anno 1867.

Letztlich ist es für einzelne KinderbetreuungsgeldbezieherInnen jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht möglich, den Verfassungsgerichtshof direkt anzurufen.

Sobald ein Rückzahlungsbescheid da ist, muss man den unten (siehe Rückzahlungsbescheid was nun) skizzierten Weg "Klage beim Arbeits- und Sozialgericht - Berufung an das Oberlandesgericht" wählen.

... und je mehr Betroffene das machen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Politik des Themas annimmt.

Verfassungskonformität?

"denke mal das kbg ein wirr warr spiel ist , fragt man 5 verschiedene leute bekommst 5 verschiedene antworten . auskennen , tut sich wirklich eigentlich keiner."

Eben darin liegt das juristische Problem. Für jede(n) Normalsterbliche(n) ist die Ermittlung des "maßgebenden Gesamtbetrages der Einkünfte" nach § 8 KBGG im vorhinein beinahezu unmöglich.

Und im nachhinein ist man bzw. die nachprüfende GKK immer schlauer. Wie soll eine Kindergeldbezieherin im vorhinein wissen, ob sie aufgrund der günstigen Auftragslage im Betrieb nicht die eine oder andere Überstunde machen wird. Oder soll man als Kindergeldbezieherin seinen Chef und seine Arbeitskollegen dann im Regen stehen lassen?

Ebenso bedenklich ist, dass nicht alle Bezieherinnen überprüft werden, sondern in jedem Bundesland nach anderen Kriterien Stichproben gezogen werden.

Rückzahlungsbescheid, was nun?

Wer einen Bescheid bekommt und mit diesem zur Rückzahlung aufgefordert wird, sollte auf alle Fälle zur AK oder zu einem Rechtsanwalt gehen.

Das Kinderbetreuungsgeldgesetz ist möglicherweise verfassungswidrig. Allerdings muss man sich gegen den Bescheid "wehren".

Wenn man den Bescheid mittels Klage fristgerecht beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht bekämpft, erhält man vorerst einen Zahlungsaufschub, da der Bescheid dann wegfällt und das Gerichtsverfahren lange dauert.

Die Arbeiterkammer bzw. die Gewerkschaften übernehmen möglicherweise die Verfahrenskosten. Sonst springt vielleicht die (eigene) Rechtsschutzversicherung ein.

Wenn man finanziell angespannt ist -wie die meisten Eltern- kann man bei Gericht Verfahrenshilfe beantragen. Die Rechtsanwaltskosten trägt dann die Republik. Beim Verfahrenshilfeantrag muss man ausdrücklich darauf hinweisen, dass man die Verfassungswidrigkeit durch das zuständige OLG überprüfen lassen möchte.

Dann sollte er genehmigt werden, da unvertretenen KlägerInnen derartige Ausführungen nicht zuzumuten sind.

Beiträge von Betroffenen sind willkommen.

Rechtsanwalt Dr. Fiebiger, Wien

Mittwoch, 11. Juli 2007